Seit Jahrzehnten sind die ambulanten sozialpädagogischen Angebote wichtige Säulen in der Arbeit mit straffällig gewordenen jungen Menschen. Sie zeigen immer wieder, dass sie repressiven und freiheitsentziehenden Sanktionen oft überlegen sind, dennoch stehen sie unter Legitimationsdruck. Gerade Einsteiger/innen in diesem Feld spüren oftmals diesen Druck und suchen Haltung und Orientierung in der Arbeit mit den jungen Menschen aber auch gegenüber der Justiz. In unserer Arbeit müssen wir uns mit Themen wie Armut und Ausgrenzung auseinandersetzen. Wir sind immer wieder mit gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert, auf die wir versuchen müssen, neue passende Antworten zu finden. Im Zeitalter der Digitalisierung begegnen uns junge Menschen, die ganz selbstverständlich in den sozialen digitalen Medien unterwegs sind und sich darstellen, die aber auch Straftaten im Bereich der sog. Internetkriminalität begehen.
Diese und weitere aktuelle Fragen und Themen zur Arbeit mit straffällig gewordenen jungen Menschen stehen im Zentrum der 29. Praktikertagung. Mit einem Blick auf das Jugendstrafrecht im benachbarten Ausland wollen wir zudem einen Blick über den Tellerrand werfen und erfahren, wie in unserem Nachbarland mit delinquenten jungen Menschen umgegangen wird. Welchen Stellenwert haben dort ambulante Angebote? Sechs Arbeitskreise zu aktuellen Themen bieten zudem die Gelegenheit des Austausches und auch des Kennenlernens von speziellen Methoden. Im ersten Arbeitskreis richten wir uns ganz bewusst an Einsteiger/innen und möchten hier einen Rahmen für ihre Themen und Fragen bieten.
Tagungsprogramm
Mittwoch, 20.11.2019
13:30
Anmeldung und Begrüßungskaffee
14:00
Begrüßung
Frido Ebeling, Albert Schweitzer Familienwerk
Lüneburg, Sprecher der BAG Ambulante sozialpädagogische Angebote für straffällig gewordene junge Menschen der DVJJ
14:15
Armut und soziale Ausgrenzung als Herausforderung und Perspektive in der Arbeit mit straffällig gewordenen jungen Menschen
Prof. Dr. Jörg Fischer, Fachhochschule Erfurt
15:30
Kaffeepause
16:00
Mit wem machen wir warum was mit welchem Ziel und welchem Ergebnis? Ergebnisse eines Modellprojekts in Niedersachsen
Dr. Regine Drewniak, wissenwasgutist: Qualität in der Sozialen Arbeit, Göttingen
18:15
Abendessen
19:30
Informeller Erfahrungsaustausch
Donnerstag, 21.11.2019
09:00
Arbeitskreise 1 bis 3 (inkl. Kaffeepause)
13:00
Mittagspause
14:30
Arbeitskreise 5 bis 6 (inkl. Kaffeepause)
AK 4 fällt krankheitsbedingt leider aus.
18:15
Abendessen
19:30
Informeller Erfahrungsaustausch
Freitag, 22.11.2019
09:00
Einblick in das Jugendstrafrecht der Schweiz und ambulante Angebote
Marcel Riesen-Kupper, Leitender Oberjugendanwalt
10:15
Kaffeepause
10:45
Film und Diskussion
Konstanze Fritsch
12:15
Zusammenfassung und Verabschiedung
AK 1: „Wer nicht weiter weiß, der bildet einen Arbeits-kreis“. Grundlagen, Methoden und Grenzen in der Arbeit mit straffällig gewordenen jungen Menschen
Dieser Arbeitskreis richtet sich an neue KollegInnen in diesem Arbeitsfeld und an die, die Fragen aus der Praxis haben und Methoden für die praktische Arbeit mit straffällig gewordenen jungen Menschen kennenlernen möchten. Fragen wie „Welche Rolle habe ich im Zwangskontext? Wie wichtig ist Elternarbeit? Was sind meine Grenzen? …“ können ebenso bearbeitet werden wie praktische Themen über Schweigepflicht, Bundeszentral- und Erziehungsregister, usw. Auch Methoden, wie „Soziometrie, Selbst- und Fremdwahrnehmung oder gruppenbildende Übungen“, die uns in der praktischen Arbeit mit den jungen Menschen unterstützen, werden vorgestellt. Um den Arbeitskreis möglichst effektiv gestalten zu können, würden wir uns freuen, wenn ihr uns eure Themen und Fragen per Email mitteilt, um diese in den Arbeitskreis einfließen lassen zu können (wallner@dvjj.de).
Impuls und Moderation: Jana Winter, Diakonie Saar, Neunkirchen | Joachim Wallner, Lotse e.V., München
AK 2: Mediale Lebenswelten Jugendlicher und junger Erwachsener – Herausforderungen und Chancen
Computerspiele und Soziale Netzwerke wie WhatsApp oder Instagram bestimmen heutzutage das Kommunikations- sowie Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen und haben sich zu einer wesentlichen Sozialisationsinstanz etabliert. Während Heranwachsende schnell mit der Nutzung der neuen medialen Möglichkeiten vertraut sind, können Erwachsene der rasanten technischen Entwicklung kaum Schritt halten und stehen dieser nicht selten ratlos gegenüber. Was nutzen Jugendliche und warum? Welche Faszination geht beispielsweise von YouTuberInnen und Diensten wie Instagram & Co. aus? Wo liegen die Chancen und wo die Gefahren? Im Rahmen unseres Vortrages werden wir mit Ihnen gemeinsam in die aktuelle Medienwelt junger Menschen eintauchen und von unserer medienpädagogischen Arbeit im Jugendhilfswerk Freiburg berichten.
Impuls: Carmen Kunz, Wissenschaftliches Institut des JHW an der PH Freiburg
Moderation: Paul Jung, Jugendhilfswerk e.V. Freiburg
AK 3: Extremismus und Radikalisierung – ein (besonderes) Thema im Umgang mit jungen Menschen in der Jugendhilfe?
Was verstehen wir unter einer prozesshaften Radikalisierung von jungen Menschen? Endet dieser Prozess zwangsläufig in extremistischen Handlungen? Was sind die Bedürfnislagen von jungen Menschen, die sich angesprochen fühlen? Gibt es gemeinsame biographische Marker in den Lebenslagen der jungen Menschen. Wir werden im Workshop versuchen Antworten bzw. Lösungsmöglichkeiten herauszuarbeiten, um Unsicherheiten abzubauen und Gelingensbedingungen für positive Verhaltens- und Einstellungsveränderungen in sozialpädagogischen Interventionen zu ermöglichen.
Methoden: Input vom Referenten, Fallbeispiele – Auswertung von biographischen Interviews von Aussteigern aus extremistischen Szenen, Interaktive Transferspiele
Impuls: Frank Koch, Hannover
Moderation: Werner Possinger, Institut für Kriminalpädagogik Würzburg
AK 4: Junge Menschen, die grenzverletzendes sexuelles Verhalten gezeigt haben
AK 4 fällt krankheitsbedingt leider aus.
AK 5: Arbeit mit traumatisierten jungen Menschen
„Sie/er hatte keine gute Kindheit“ wird heute eher unter dem Begriff der (früh)kindlichen Traumatisierung verstanden. Nicht verstanden hingegen wird regelhaft, was die Folgen für Entwicklung und Lebensgeschichte der Betroffenen sind: Traumafolgestörungen mit vielfältigen Auswirkungen in allen Lebensbereichen. Der Arbeitskreis soll dazu anregen, ein Verständnis (struktureller) Dissoziation als Fokus einer „Traumabrille“ zu entwickeln und deren weitreichende Auswirkungen im Arbeitsalltag zu erkennen und zu reflektieren.
Impuls: Thorsten Becker, ImFT Lüneburg
Moderation: Frido Ebeling, Albert Schweitzer Familien-werk Lüneburg
AK 6: Methoden: BOUNCE – ein Projekt zur Resilienzförderung
BOUNCE, ein europaweites Projekt, wurde entwickelt um junge Menschen gegenüber gewaltbereitem Extremismus widerstandsfähig zu machen. Das Programm eignet sich aber auch sehr gut für die Entwicklung sozialer Kompetenz, zudem stärkt es die Kommunikations- und Reflektionsfähigkeit. Teile des Programms sind gut in Soziale Trainingskurse integrierbar.
Im Arbeitskreis wird das Programm von zwei Trainerinnen anhand von praktischen Übungen vorgestellt. Die TeilnehmerInnen des AKs erhalten Materialien für die Praxis.
Impuls: Petra Drieschner, Dipl. Soz. Pädagogin, Bounce-Trainerin & N.N.
Moderation: Erwin Schletterer, Brücke e.V. Augsburg
Tagungsleitung:Frido Ebeling, Albert-Schweitzer-Familienwerk Lüneburg, Sprecher der BAG Ambulante Sozialpädagogische Angebote für straffällig gewordene junge Menschen der DVJJ
Zielgruppe: Insbesondere Fachkräfte bei freien Trägern der Jugendhilfe und anderen Einrichtungen der ambulanten Jugendstraffälligenhilfe
Termin: 20.11., 13.30 Uhr bis 22.11.2019, 12.30 Uhr